Potenziale der Gemeinwesenarbeit für lokale Demokratie

Von unserem Mitglied Milena Riede

Zusammenfassung des Forschungsprojektes Potenziale der Gemeinwesenarbeit für lokale Demokratie[1]

Das Vertrauen in Parteien und Politik in Deutschland ist niedrig, die Unzufriedenheit mit der Demokratie wächst und sozioökonomische Spaltungstendenzen gefährden den sozialen Zusammenhalt. Ansatzpunkte für eine Vitalisierung der Demokratie werden vor allem auf der lokalen Ebene gesehen, denn vor Ort bieten sich aufgrund der Lebensnähe politischer Prozesse sowie der geringeren Distanzen zwischen Politik, Verwaltung und lokaler Bevölkerung prinzipiell besonders gute Mitwirkungsmöglichkeiten. Starke Demokratien erfordern ein lebendiges Gemeinwesen. Dafür ist eine Rückbesinnung auf die Gemeinwesenarbeit sowie ihre konzeptionellen Grundlagen interessant. Die Gemeinwesenarbeit nimmt zielgruppenübergreifend aktuelle Themen und Anliegen der Menschen vor Ort auf und unterstützt kollektives Empowerment. Durch gemeinsame Lern- und Austauschprozesse können die soziale Kohäsion und das demokratische Miteinander im Gemeinwesen gestärkt werden. Die Studie wurde in Kooperation zwischen dem Institut für Demokratische Entwicklung und Soziale Integration (DESI) und der Hochschule für angewandte Pädagogik (HSAP) im Auftrag des Bundesverbands für Wohnen und Stadtentwicklung (vhw) im Zeitraum von September 2018 bis März 2020 durchgeführt.

Ziele der Studie

Mit der vorliegenden Studie sollte erhoben werden, inwieweit der Anspruch der Gemeinwesenarbeit, Empowerment, Aktivierung, Beteiligung, Netzwerkbildung und Demokratieförderung umzusetzen, unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen sowie Akteurs- und Förderstrukturen gelingt. Es galt vor allem, Potenziale und Hindernisse der Gemeinwesenarbeit im Hinblick auf die direkte und indirekte Förderung der lokalen Demokratie zu analysieren und Empfehlungen für die Weiterentwicklung von Strukturen zu erarbeiten.

Methodische Vorgehensweise

Das Forschungsprojekt wurde im Zeitraum von September 2018 bis März 2020 in vier Arbeitsschritten umgesetzt: In einer ersten Phase wurde der theoretische Zusammenhang von Gemeinwesenarbeit und lokaler Demokratie aufgearbeitet und ein Wirkungsgefüge-Modell entwickelt. Im Anschluss an eine bundesweite Recherche erfolgte die Erstellung von Steckbriefen zu fünfzehn geeigneten Quartieren und die Auswahl von fünf Untersuchungsgebieten. Kernelement des Projekts waren empirische Erhebungen in den fünf Untersuchungsgebieten Berlin Spandau Heerstraße Nord, Hamburg St. Pauli Süd, Dortmund Nordstadt, Dresden Prohlis und Düren. Die eingesetzten Methoden umfassten qualitative Interviews mit Akteuren und Trägern der lokalen Gemeinwesenarbeit sowie den zuständigen Stellen in Verwaltung und Politik. Als Erhebungsinstrumente dienten zudem Fokusgruppendiskussionen mit Netzwerkpartnerinnen und -partnern, engagierten Bewohnerinnen und Bewohnern und lokalen Initiativen sowie standardisierte Bevölkerungsbefragungen.

Ergebnisse

Gemeinwesenarbeit trägt in allen fünf Untersuchungsgebieten auf unterschiedliche Weise zur Ausgestaltung und Stärkung sozialer Netzwerkaktivitäten, zur Förderung von Kommunikation und Interessenaustausch sowie zum Aufbau demokratischer Beteiligungsstrukturen bei. Hierbei gelingt es der Gemeinwesenarbeit, durch umfassende demokratiefördernde sozial-kulturelle Aktivitäten, niedrigschwellige Projektarbeit und Veränderungen partizipativer Prozesse soziale Netzwerke aufzubauen, die Gestaltbarkeit der Lebenswelt für die Bewohnerinnen und Bewohnern deutlich zu vergrößern und ein demokratisches Miteinander bzw. eine demokratische Kultur aufzubauen.

 

[1] Gesemann/ Riede (Hrsg.) (2021) Potenziale der Gemeinwesenarbeit für lokale Demokratie. Abschlussbericht S. 7. Vhw Schriftenreihe 21. URL: https://www.vhw.de/fileadmin/user_upload/08_publikationen/vhw-schriftenreihe-tagungsband/PDFs/vhw_Schriftenreihe_Nr._21_GWA_und_lokale_Demokratie.pdf .